Ganz klar, BARFEN (Bone and Raw Feeding) liegt im Trend. Fragt man Tierbesitzer nach ihrer Motivation, wird häufig der Wunsch nach einer natürlichen, artgerechten und gesunden Fütterung genannt. Es macht außerdem durchaus Spaß, für seinen Liebling eine Mahlzeit selbst zuzubereiten, die einzelnen Komponenten zu kennen und einen individuellen Speiseplan zu kreieren. Aber reicht es wirklich aus, frische Zutaten abwechslungsreich zu kombinieren?

 

Wie sieht eine ausgewogene Barf-Ration aus?

 Die Antwort eines Hundebesitzers: „Wir geben vor allem viel Fleisch. Rind, Geflügel oder Wild und einmal wöchentlich grünen Pansen. Eine große Portion Gemüse, meist Rote Beete, Möhren, Sellerie und Fenchel, auch mal ein Stück Banane, einen Apfel und ein paar Beeren. Dazu ein gutes Öl, ein Joghurt oder etwas Hüttenkäse, dreimal wöchentlich ein Ei und ab und zu einen Knochen oder Hühnerhals. “

Klingt gut, aber ist genug Jod enthalten? Welche Zutat liefert Vitamin D? Wie steht es um  Zink, Kupfer und Calcium?

Die Idee, beim Barfen das natürliche Beutetier in seiner Gesamtheit nachzuahmen, ist nicht so leicht umzusetzen. Wer füttert schon Blut oder Fell? Und ist das wirklich das erstrebenswerte Ideal, wenn man bedenkt, dass ein freilebender Wolf, der Urahn unseres Haushundes, eine durchschnittliche Lebenserwartung von nur 5 Jahren hat?

 

Auf die optimale Nährstoffversorgung kommt es an

Viele Tierbesitzer sind gut informiert. Sie ergänzen Seealgenmehl, um den Jodbedarf zu decken und Lebertran für die Versorgung mit Vitamin D, sie mahlen Nüsse wegen einiger Spurenelemente und auch calciumreiche Eierschalen. Sie wiegen und mischen nicht selten 20 Zutaten.

Dennoch sind in den meisten Fällen die Barf-Rationen nicht bedarfsgerecht: Zu viel oder zu wenig Calcium und Phosphor, Jodmangel oder auch -überversorgung und ein Defizit an Zink sind nur einige der häufigeren Fütterungsfehler.

 

Barfen auch für kranke Tiere? Und für Welpen?

Nicht für jedes Tier ist der hohe Fleischanteil geeignet; zuviel Eiweiß kann zu einer Mehrbelastung von Nieren und Leber führen und die Entstehung bestimmter Harnsteine begünstigen. Bei nieren- oder leberkranken Tieren und bei Harnsteinpatienten also lieber nicht Barfen.

Auch bei jungen Hunden und Katzen ist Vorsicht angesagt: Der Nährstoffbedarf beim Jungtier ist anders als im Erwachsenenalter und muss während des Wachstums mehrmals angepasst werden. Fütterungsfehler können sich gerade bei Welpen und Jungtieren gravierend auswirken.

 

Mit oder ohne Knochen?

Knochenfütterung  – das ist übrigens beim Wolf in freier Wildbahn nicht anders – kann zu Verletzungen im Verdauungstrakt, zu Verstopfung und sogar zu Zahnfrakturen führen. Ob Knochenknabbern tatsächlich die Zähne reinigt, wird durchaus kontrovers diskutiert

Nicht nur, aber gerade bei heranwachsenden Tieren ist die ausgewogene Versorgung mit Calcium und Phosphor ein besonders wichtiges Thema. Erhebliche Fehlversorgungen sind jedoch bei der Fütterung von Knochen häufig zu beobachten. 

In Schlundfleisch, das gelegentlich Bestandteil von Barf-Rationen und Barf-Produkten ist, sind zudem oftmals Hormone enthalten, die sogar speziesübergreifend wirksam werden und zu Funktionsstörungen der Schilddrüse führen können.

 

Gibt es weitere Risiken?

Leider ja: Abgesehen von einer unausgewogenen Nährstoffversorgung muss man vor allem das erhöhte Infektionsrisiko beachten:  Hunde und Katzen können sich mit einer Vielzahl von Bakterien, Viren und Parasiten infizieren und zudem auch noch diverse Krankheitserreger wie Salmonellen, Clostridien, Kolibakterien, Listerien, Toxoplasmen und gefährliche Bandwurmarten auf den Menschen übertragen.

Ein Beispiel: Nicht wenige der mit Rohfleisch gefütterten Hunde scheiden Salmonellen aus. Selbst wenn die ansonsten gesunden Hunde nicht selbst erkranken, besteht dennoch das Risiko der Übertragung auf den Menschen  – von der Kontamination der Umwelt mal ganz abgesehen.

In einigen Barf-Produkten wurden sogar antibiotikaresistente Keime gefunden.

Tiefgefrieren tötet leider nicht alle Erreger ab und selbst bei Einhalten strenger Hygienemaßnahmen – ohnehin ein Muss beim Barfen – bleibt ein Restrisiko bestehen. Bei kranken Tieren, Welpen und bei Tieren, die zusammen mit Kleinkindern, älteren Menschen oder Schwangeren leben, sollte man das Risiko sehr sorgfältig abwägen.

 

Wirklich alles roh?

Nein, Schweinefleisch zum Bespiel darf wegen der Gefahr einer Infektion mit dem Aujeszky-Virus, die für Hunde und Katzen tödlich verläuft, nicht roh gefüttert werden. Gekocht hingegen besteht keine Gefahr;  das Virus wird durch Erhitzen abgetötet. Aber Achtung: Auch Parmaschinken oder Speck sind rohes Schweinefleisch.

Bei der Fütterung von rohem Fisch ist ebenfalls Vorsicht geboten, enthalten doch zahlreiche Fische das Enzym Thiaminase, das Vitamin B1 inaktiviert.

Und wie sieht es mit rohen Eiern aus? Auch nicht viel besser; das in Eiklar enthaltene Avidin spaltet Biotin und macht es unwirksam. Durch allzu häufige Fütterung von rohem Fisch und rohen Eiern ist also ein Vitaminmangel möglich.

 

Darf es auch Teilbarfen sein?

Beim Teilbarfen werden gekochte Kohlenhydrate in die Ration integriert. Besonders beliebt sind Kartoffeln. Eigentlich besteht kein Bedarf an Kohlenhydraten, dennoch können Kohlenhydrate gut verwertet werden: unser Haushund kann die darin enthaltene Stärke deutlich besser verdauen als der Wolf.

Kohlenhydrate enthalten zudem wertvolle Nährstoffe und sind perfekte Kalorienlieferanten. Zudem helfen sie, eine Eiweißüberversorgung durch zu viel Fleisch zu vermeiden. Das kann insbesondere bei nieren- oder leberkranken Tieren, bei Harnsteinpatienten, aber auch bei Tieren im Wachstum oder bei Senioren von Vorteil sein.

Gelegentlich wird der Begriff Teilbarfen auch für eine kombinierte Fütterung verwendet: So erhält das Tier zum Beispiel morgens ein Fertigalleinfutter und abends eine Ration aus frischen Zutaten. Auch bei dieser Variante sind häufig Nährstoffimbalancen festzustellen, wird doch das ideale Calcium-Phosphor-Verhältnis im Alleinfutter durch die phosphorreichen und calciumarmen Komponenten in der abendlichen Barf-Ration gestreckt. Auch weitere wichtige Mineralien und Vitamine, die dem Alleinfutter zugesetzt sind, werden sozusagen „verdünnt“; ein Nährstoffmangel kann die Folge sein.

 

Barfen oder Kochen?

Wenn eine passende Versorgung mit allen Nährstoffen sichergestellt ist und die Risiken abgewogen werden,  kann Barfen durchaus eine geeignete Fütterungsform sein.

Möchte man die Infektionsgefahr minimieren, darf das Fleisch auch gekocht verfüttert werden: Auch damit ist eine gesunde und individuelle Fütterung möglich – sofern der Bedarf an allen essentiellen Nährstoffen gedeckt ist.

Was die Nährstoffversorgung betrifft, ist eine Blutuntersuchung leider nur bedingt aussagekräftig: So wird zum Beispiel der Calciumspiegel im Blut durch hormonelle Regulationsmechanismen stets konstant gehalten. Fehlt es an Calcium in der Nahrung wird einfach den Knochen Calcium entzogen, der Blutcalciumspiegel  jedoch bleibt über lange Zeit konstant. Auch hinsichtlich der Nährstoffreserven in Organen wie der Leber ist eine Blutuntersuchung alleine nicht aussagekräftig.

Ob Barfen oder Kochen – entscheidend für die Gesunderhaltung Ihres Tieres ist die bedarfsgerechte Versorgung mit allen Nährstoffen. Ob das im Einzelfall gegeben ist, kann ein fachkundiger Tierarzt überprüfen. Auch wir hier in der Tierklinik Oberhaching haben mit Dr. Schumacher eine Ernährungsexpertin für Hund und Katze im Team und beraten Sie gerne.

Tierärztliche Klinik Oberhaching
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Ganz egal ob es um Vorsorge, allgemeine Beratungsfragen  – auch zu alternativen Heilmethoden – oder ernsthafte Erkrankungen geht: die Tierklinik Oberhaching ist in jedem Falle die richtige Adresse. Wir kümmern uns um die optimale tiermedizinische Versorgung Ihres Haustieres –  seit mehr als 20 Jahren.

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